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So heben wir den Datenschatz

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Der EU Data Act revolutioniert die digitale Welt: Nutzer:innen entscheiden künftig selbst über ihre Daten. Damit bricht auch für die Autoversicherung ein neues Zeitalter an. Für die Allianz ist das Gesetz nur ein erster Schritt auf dem Weg zu echter Innovation.

Illustration_weißes Zukunftsauto_KFZ-Teaser
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Marius Bolik aus Montabaur macht im Grundrauschen der Welt wie von Zauberhand Muster sichtbar – und jeder mit einem Auto kann sie für sich nutzen. Mittels künstlicher Intelligenz und Big Data Science sucht seine App »LiveParking« für die Nutzer:innen nach Straßen und Straßenabschnitten, in denen ein freier Parkplatz gerade besonders wahrscheinlich ist. Dabei zieht das Programm einen bunten Strauß an Daten heran: die Informationen von Taxikameras, Wetterdaten, die sich ebenfalls auf das Parkverhalten auswirken, die Informationen von Parkhäusern über deren Belegung – und die Nutzer:innen selbst werden per Google Maps getrackt. »Alles fließt hinein in die App – mithilfe von künstlicher Intelligenz ermittelt sie dann, wo ein Parkplatz wahrscheinlich frei ist und bringt Nutzer:innen dorthin«, erklärt Bolik.

Trotzdem sind es bislang meist nur Wahrscheinlichkeiten, die »LiveParking« bieten kann. In Zukunft könnten sich für die App von Bolik ganz neue Möglichkeiten eröffnen. Und nicht nur für seine, sondern für Tausende Apps – von Versicherern bis hin zu zahlreichen anderen Unternehmen; für alle, die etwas herauslesen wollen aus den von Sensoren gesammelten Daten – seien es die Häufigkeiten der jeweiligen Spülgänge einer Spülmaschine, die Zahl der Stopps von bestimmten Produktionsmaschinen oder eben die zahllosen Daten, über die digital vernetzte Fahrzeuge heutzutage verfügen. Denn die Regeln für das Verwenden und Verteilen dieser Daten werden in Europa derzeit grundlegend neu geschrieben.

Die Regulierungsbehörden der Europäischen Union sind sonst eher bekannt dafür, Grenzen zu setzen, etwa den Fluss von Daten zu beschränken und den Zugang zu ihnen einzuschränken. Beim EU Data Act aber, einer vor Kurzem verabschiedeten EU-Verordnung, die demnächst in die Tat umgesetzt werden soll, ist es ausnahmsweise einmal umgekehrt: Der EU Data Act schafft Chancen, indem er Datenfluss erzwingt. Was verändert er? Aktuell ist es meist noch so, dass zum Beispiel der Hersteller eines Autos die Daten sammelt, die während der Nutzung anfallen – und sie überwiegend behält. Nach Angaben der EU-Kommission werden 80 Prozent der generierten Industriedaten heute nicht genutzt. Was auch daran liegt, dass es eben auf die Willkür der Hersteller ankommt, ob sie die Daten herausgeben oder nicht. Fahrerinnen und Fahrer, durch deren Aktivität die Daten erst entstehen, haben darauf vielfach weder Zugriff noch können sie darüber bestimmen. »Wir werden das mit dem EU Data Act ändern«, bemerkt Benjamin Brake, Abteilungsleiter Digital- und Datenpolitik im Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV).

»Alle Nutzer erhalten Souveränität über ihre Daten«


Benjamin Brake, Bundesministerium

So besagt der EU Data Act, dass über Daten, die ein Hersteller beispielsweise während der Nutzung eines Autos, eines Kühlschranks oder einer Industriemaschine durch eingebaute Sensoren erfasst, künftig die Nutzer:innen entscheiden dürfen. Sie können grundsätzlich bestimmen, welche Firma beziehungsweise welche App die Daten erhält und welche nicht. Alle Nutzerinnen und Nutzer erhalten damit die Souveränität über ihre Daten, betont Brake, der nicht nur die Perspektive der Nutzer:innen aus eigener Erfahrung kennt, sondern auch die der Datenwirtschaft – vor seinem Wechsel ins Ministerium war er Director Government and Regulatory Affairs von IBM Deutschland.

Die Hersteller werden dazu verpflichtet, neue Produkte im Sinne des Prinzips »Accessibility by Design« künftig von vornherein so zu konzipieren, dass die Daten auf einfache und direkte Weise ausgelesen werden können. Laut Damian Boeselager, Digitalexperte der Fraktion der Grünen im EU-Parlament, sind einige Hersteller davon nur mäßig begeistert: Die haben ein riesiges Interesse daran, den After-Sales-Market, also die nach dem Verkauf – etwa eines Autos – durch die Nutzung erhobenen Daten für sich zu behalten. Einerseits können die Hersteller so verhindern, dass sie im eigenen Auto Konkurrenz bekommen, zum Beispiel durch einen Anbieter eines neuen Fahrassistenzsystems, das anhand der Daten vieler Automarken eine bessere Performance entwickelt. Andererseits bietet für die Hersteller natürlich auch der Datenhandel selbst zunehmend große Chancen.

Durchblick auf dem Dashboard: Nutzer:innen sollen zukünftig ihre Daten besser kontrollieren dürfen

Diese Möglichkeiten zu nutzen, liegt maßgeblich im Interesse der EU. Deshalb ist es nötig, dass Dienstleister auf Kundenwunsch all die Daten nutzen können, die in Autosoftware, Sensoren, Kameras und Steuergeräten generiert werden – und deren Potenzial bisher brachliegt. So gesehen dient der EU Data Act dazu, die Interessen der Autofahrer:innen zu stärken, die Verkehrssicherheit auszubauen und die ins Hintertreffen geratene europäische Digitalwirtschaft anzukurbeln.

Kreatives und unternehmerisches Potenzial erhoffen sich diejenigen, die dank des EU Data Act künftig eine deutlich bessere Chance haben, an Daten zu kommen, um daraus neue Informationen und Angebote zu schaffen. So dürften in den nächsten Jahren auch viele kleinere Unternehmen gegründet werden und Apps auf den Markt kommen, die anhand der analysierten Daten wertvolle Erkenntnisse und praktischen Nutzen bieten – ähnlich, wie es Marius Bolik schon heute mit »LiveParking« bietet.

Aber auch für andere große Wirtschaftszweige sind Echtzeitdaten interessant: Im Verkehrs-, Gebäude- und Industriesektor zum Beispiel könnten bis zum Jahr 2025 durch die Echtzeitanalyse von Daten finanzielle Einsparungen von 10 bis 20 Prozent erreicht werden – so prognostiziert es die EU-Kommission.

Auch Versicherungen können mithilfe der Daten wichtige Erkenntnisse gewinnen und ihren Kund:innen neue Angebote machen. Die Allianz hat bereits ein Produkt am Markt eingeführt, das den EU Data Act elegant vorwegnimmt: »BonusDrive«. Der Service richtet sich an Kund:innen mit einer Kfz-Versicherung: Per Smartphone-App und DriveDot können in Echtzeit individuelle Fahrdaten an die Allianz übertragen werden. Anhand von Daten, wie beispielsweise dem Fahrstil in Kurven, erstellt die App einen Score.

»Fällt man durch besonders umsichtiges Fahren auf, erhält der Versicherungsnehmer eine Rückerstattung von bis zu 30 Prozent seines Versicherungsbeitrags«, sagt Christoph Lauterwasser, Geschäftsführer des Allianz Zentrums für Technik, des Kompetenzzentrums der Allianz für Automobiltechnologie. Kann eine solche Analyse der Daten auch von Nachteil sein? »Nein, denn wer sicher und vorausschauend fährt, wird belohnt«, sagt Lauterwasser. Besonders junge Fahrer:innen, die erst seit Kurzem ihren Führerschein haben, können profitieren. Aufgrund ihres Alters und statistischer Erfahrungen bezahlen sie höhere Prämien. Dank des individuellen Scores aus der »BonusDrive«-App können aber auch sie erreichen, dass sie deutlich unter dem in ihrem Alter eher hohen Tarif eingestuft werden. Aktuell hat die Allianz einen Gesamtbestand von rund 500.000 Verträgen mit dem Baustein »BonusDrive«. Wenn der EU Data Act greift, ist womöglich nicht einmal eine eigene App für derartige Angebote mehr nötig, sondern nur noch ein Haken im Menü des Autos, dass die Fahrdaten an bestimmte Vertragspartner übertragen werden können. »Und da die Nutzer:innen über die Weitergabe der Daten entscheiden, werden ihnen verschiedene Anbieter attraktive Angebote machen: von innovativen Fahrzeugservices über Rabatte bei Versicherungen bis hin zu verknüpften Mobilitätsangeboten«, erklärt Lauterwasser.

Außenspiegel kaputt: Durch direkten Datentransfer könnten Autos künftig Schäden der Versicherung selbst melden

Häufig dürfte es auch ein Bereitstellen der eigenen Daten für eine bestimmte Anwendung sein – und als Gegenleistung kann man dieselbe Anwendung kostenlos nutzen. Auch das ist ein Geben und Nehmen: »Wenn die Nutzerinnen und Nutzer ihre Daten zur Verfügung stellen, können sie die App kostenlos nutzen – so etwas kann ich mir gut vorstellen«, sagt auch Bolik von »LiveParking«. Für die App würde dies bedeuten, dass sie viele Livedaten von vernetzten Fahrzeugen in ihre Algorithmen integrieren könnte – die Kameras der Autos erfassen freie Parkplätze, und die Bewegungsdaten zeigen, wer wann wo einen Parkplatz gefunden hat. Neben Wahrscheinlichkeiten könnten zunehmend auch tatsächlich freie Parkplätze in der App angezeigt werden.

Auch die Elektromobilität könnte durch den EU Data Act eine weitere Beschleunigung erfahren. Denn aktuell sind Elektrofahrzeuge als Neuwagen zwar beliebt, der Gebrauchtwagenmarkt für Elektroautos aber kommt nicht gut ins Rollen, der Preisverfall ist schon nach kurzer Zeit recht hoch. Das liegt auch daran, dass aktuell vor allem der Kilometerstand zur Ermittlung des Werts herangezogen wird. Bei einem Elektroauto aber ist die Zahl der gefahrenen Kilometer nur wenig aussagekräftig. Hier geht es besonders um die Batteriealterung.

Wenn ein Auto meist in der Garage stand und als Stromspeicher für die häusliche Solaranlage genutzt wurde, dann hat es eine niedrige Kilometerzahl – aber trotzdem eine recht verbrauchte Batterie. »Es gibt im Auto eine Reihe von Sensoren, die anhand der Nutzung des Fahrzeugs über den aktuellen Zustand der Batterie informieren können. Wenn ich einen Gebrauchtwagen kaufe, könnte ich zur Bedingung machen, dass die Daten über die Batterienutzung ausgelesen, analysiert und als weitere Dienstleistung eines App-Anbieters anonym mit dem anderer Fahrzeuge verglichen werden. Das würde es ermöglichen, den Wert eines gebrauchten Elektrofahrzeugs viel besser einzuschätzen«, erklärt Lauterwasser. Man müsste nicht mehr die Katze im Sack kaufen. Und als Verkäufer:in könnte man für Autos, deren Batterie noch in einem guten Zustand ist, mehr Geld verlangen. Insgesamt entstünde ein fairerer Gebrauchtwagenmarkt.

»Es muss wirklich Datentransparenz herrschen«

Christoph Lauterwasser, Allianz

Aber die Vorteile gingen noch viel weiter. Ebenfalls interessant für Versicherungen sind die Möglichkeiten, die sich bei der Unfallerkennung und -analyse ergeben. »Während die Versicherung bisher eigene nachträglich eingebaute Sensoren an der Frontscheibe nutzt, um einen Unfall zu erkennen, können zukünftig direkt die entsprechenden Sensordaten aus dem Fahrzeug herangezogen werden«, weiß Lauterwasser. Durch den EU Data Act ließen sich noch mehr Echtzeitdaten nutzen. Das könnte die Servicelandschaft rund um die Mobilität weiter verbessern. »Schon bisher meldet das Auto, wenn es einen Unfall hatte, und kann die Rettungskräfte schnell benachrichtigen. Künftig wird es bei weniger schweren Unfällen sofortige Hilfe geben. Diese kann mittels der Fahrzeugdaten sehr gezielt erfolgen. Ein sehr wichtiger Touchpoint für uns als Versicherer«, hofft Lauterwasser.

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Um all die möglichen Innovationen Wirklichkeit werden zu lassen, reicht der EU Data Act allein jedoch nicht aus. »Mit Blick auf Fahrzeugdaten ist das Gesetz ein wichtiger erster Schritt«, sagt Lauterwasser, »das aber durch eine spezielle Regulierung für Fahrzeuge ergänzt werden muss.« Auf dem 11. Allianz Autotag wurde deshalb gefordert, in vier Punkten nachzuschärfen. Lauterwasser fasst zusammen: »Es muss wirklich Datentransparenz für jedes einzelne Fahrzeug herrschen. Betroffene müssen wissen, welche Informationen übermittelt werden. Zweitens muss Serviceanbietern ein standardisierter Mindestdatensatz zur Verfügung gestellt werden, damit die Kosten für die Entwicklung von Services überschaubar bleiben, auch über verschiedene Marken und Modelle hinweg. Drittens muss der Marktplatz reguliert werden, um den sicheren Datenaustausch und das Einverständnis der Kundinnen und Kunden zu gewährleisten. Und viertens benötigen wir faire Preise für die Datenübertragung, um Wettbewerb zu ermöglichen.«

Trotzdem steht jetzt schon fest: Mit dem EU Data Act nimmt die Europäische Union eine Vorreiterrolle ein. Auch für die Autoversicherung kann damit ein neues Zeitalter anbrechen. Die bessere Datennutzung könnte sowohl Versicherern als auch Kund:innen beispielsweise die Abwicklung von Schäden enorm erleichtern. Denkbares Szenario: Einem parkenden Auto wird durch ein vorbeifahrendes Fahrzeug ein Außenspiegel abgebrochen. Die Versicherung des Geschädigten erhält auf dessen Wunsch die Fahrzeugdaten in Echtzeit – und stößt automatisch die Bestellung des passenden Ersatzteils an, bucht einen Werkstatttermin in der Nähe und reserviert einen Mietwagen. Noch bevor der Kunde oder die Kundin den Schaden melden muss, bekommt er oder sie einen Anruf mit den besten Wünschen sowie einem Komplettvorschlag zur Regulierung. Wenn der EU Data Act greift, könnte der Service in der Autoversicherung auf die Überholspur wechseln.

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Text Christian Heinrich
Illustration Timo Lenzen

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»Der Hagel klang wie ein Maschinengewehr«

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Entwurzelte Bäume, überflutete Keller, zerstörte Autos. Am Wochenende vom 26. August fegte ein starkes Unwetter über den süddeutschen Raum. Die Gemeinden Benediktbeuern und Bad Bayersoien sind von den Folgen besonders stark betroffen. Gemeinsam mit der Schadenreguliererin Lena Schäffler haben wir vier Betroffene besucht

Gemeinsam gegen den Sturm: Verena und Florian Facius kümmern sich gemeinsam um den Wiederaufbau ihres Hauses, im Hintergrund sieht man das stark betroffene Dach.

Zur Person 

Lena Schäffler ist Sachverständige für Gebäudeversicherung der Allianz. Nach dem Unwetter ist sie in der Region unterwegs, begutachtet Schäden und spricht mit den Betroffenen. 

Ein Tornado hat den Kirchturm der St. Clemens-Kirche in Lippstadt abgerissen
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Aus dem Grill auf der Terrasse am Haus steigt hellgrauer Rauch auf, das Fleisch brutzelt. Dahinter breitet sich vor den Augen von Verena Facius und ihrer Familie die volle Pracht des Alpenvorlandes aus: grüne Wiesen, ein üppiger Garten mit Hortensiensträuchern und Blumenbeeten. Aus dem Augenwinkel sieht man das stattliche Kloster von Benediktbeuern. Verena Facius und ihr Mann ahnen nicht, dass in wenigen Minuten ein beispielloses Unwetter ihr Idyll ins Chaos stürzen wird.

Es ist Samstag, der 26. August, kurz nach 16 Uhr. Plötzlich brummt das Handy auf dem Tisch: Verena Facius bekommt per SMS eine Unwetterwarnung. Sie und ihr Mann diskutieren kurz, ob sie noch ein Auto in die Garage stellen sollen. Das Leasingauto der Firma oder das neue Cabrio? Sie winken ab, der dunkle Himmel sieht für sie nach einem kleinen Sommergewitter aus. Wie falsch diese Annahme war, weiß Familie Facius heute. 

Hagel und Wind hinterließen Schäden an 85 Prozent der Häuser im Klosterdorf Benediktbeuern im bayerischen Voralpenland, mehr als 1000 Schadenfälle wurden bereits in den ersten drei Tagen nach dem Unwetter gemeldet. Alleine die Schäden am Kloster in Benediktbeuern liegen Schätzungen zufolge im zweistelligen Millionenbereich, so Experten des Denkmalschutzes. Die Gesamtsumme dürfte im dreistelligen Millionenbereich liegen. Auch der Schaden an Haus und Hof von Familie Facius ist groß.

Auf ihrem großen Grundstück stehen drei Wohnhäuser. Zwei Gebäude aus dem 20. Jahrhundert werden vermietet, das denkmalgeschützte Wohnhaus aus dem Jahr 1640 bewohnt Verena Facius mit ihrem Mann Florian Facius und ihren zwei kleinen Kindern. Das Haus sei schon immer im Besitz ihrer Familie gewesen, ursprünglich war es der Schweinestall vom Kloster in Benediktbeuern. Alle Dächer wurden zerstört. “Als es klirrte, dachte ich, na gut, es wird ein, zwei Fenster zersplittert haben”, erinnert sich Herr Facius. “Erst als ich rauslief und sah, dass das Dach weg ist, wurde mir bewusst, was hier gerade passiert ist.” Noch in der Nacht des Unwetters haben die Facius Siloplanen von Bekannten organisiert und auf das Dach gelegt, um irgendwie den Regen abzuhalten. Mit mäßigem Erfolg.

»In 400 Jahren hat es so was nicht gegeben«

Allianz-Kundin Verena Facius

“In 400 Jahren hat es sowas nicht gegeben”, erzählt die Hausbesitzerin mit Tränen in den Augen. Im Jahr 2020 kernsanierten die Facius das Haus. “Wir sind eine Handwerkerfamilie”, erzählt sie. “Wir haben jedes Kabel, jede Leiste, jede Fliese selbst verlegt.” Ihre Verzweiflung ist greifbar. Doch jetzt gilt es, die Schäden zu beheben und den Wiederaufbau anzugehen. 

Dienstag, 28. August. 7:45 Uhr, drei Tage nach dem Unwetter fährt Lena Schäffler auf den Klosterparkplatz, der neben dem Haus der Facius liegt. Sie hat eine dunkle Regenjacke an, feste Schuhe, auf ihrer Bluse das Allianz Logo – die Betroffenen erwarten ihren Besuch bereits. Die Sachverständige für Gebäudeversicherung der Allianz ist seit Sonntagabend in den betroffenen Regionen unterwegs, gemeinsam mit einem Schadensgutachter. “Wir sind jetzt ein magisches Dreieck.” So beginnt sie das Gespräch mit den Kunden und zeigt auf sich, den Schadensgutachter und die Kunden. “Die nächsten Monate werden wir viel voneinander hören.” 

Schock, Sorgen, Verzweiflung. Was für die Familien in Benediktbeuern eine Ausnahmesituation ist, ist für Lena Schäffler Arbeitsalltag. “Massenschäden wie diese beschäftigen uns die nächsten vier bis sechs Wochen”, erklärt die studierte Kunsthistorikerin. Dafür wird ein Krisenzentrum eingerichtet, Kollegen aus ganz Deutschland kommen für diese erste Phase nach Oberbayern. Bis zu fünfzehn Schäden nehmen die Allianz Mitarbeiter:innen pro Tag auf, nach und nach wird die Schadenssumme erkennbar. In dieser Phase ist die Sachverständige die vielleicht wichtigste Ansprechpartnerin für Kunden. Sie sorgt dafür, dass das Versicherungsgeld in der richtigen Höhe an die Kunden überwiesen wird, damit diese Handwerker und Material bezahlen können. “Ich bin aber auch da, um die Leute zu beruhigen, zu begleiten und um zu zeigen, dass auch hinter einem großen Schiff wie der Allianz, Personen stehen, die helfen und unterstützen.” 

Begutachtung: Die Sachverständige Lena Schäffler (l.) guckt sich die Unwetterschäden an Dominikus Eckhardts (r.) Haus an
Im Einsatz: Feuerwehrkräfte sind aus der ganzen Umgebung gekommen, um in Benediktbeuern zu helfen

Bei der Fahrt durch die Ortschaft in ein Neubaugebiet erkennt die Sachverständige das ganze Ausmaß der Katastrophe: kaum ein Haus, auf dem Dachziegel nicht beschädigt sind. Dominikus Eckhart wohnt seit Dezember 2021 mit seiner Familie in einem der Einfamilienhäuser. Das Unwetter hat sein Dach in Mitleidenschaft gezogen, auch einige Fenster gingen zu Bruch. Als er die Wetterfront am Samstagnachmittag sah, sprang er in sein Auto, um es geschützter zu parken. Das Gewitter war schneller. 

“Ich saß zusammengekauert hinter dem Lenkrad, die Windschutzscheibe zersplitterte und bog sich durch das Gewicht der Hagelkörner immer weiter durch”, erzählt Dominikus Eckhart. Seine Hand zittert, als er auf den Wagen zeigt, der jetzt von einer grauen Plane verdeckt wird: “Ein Totalschaden, alle Fenster sind zersprungen.” Einer der Glassplitter ist in seinem Auge gelandet, der Bluterguss ist noch immer deutlich zu sehen. Lena Schäffler hört zu, notiert, tröstet und muss dann schon wieder weiter. Der nächste Kunde wartet bereits. 

»Wir haben Glück gehabt«

Allianz-Kunde Jürgen Schöller

Steinmetz Jürgen Schöller wohnt am südlichen Ende des Ortes. In der rechten Haushälfte befindet sich sein Atelier, links wohnt er mit Frau und Sohn. “Wir haben Glück gehabt”, erklärt er. Doch die Scheiben des Familienautos sind zerbrochen, der komplette Wagen ist übersät von kraterartigen Dellen. Fahren kann man damit nicht mehr. Für Schöller ein Problem. “Ohne das Auto bin ich aufgeschmissen, kann keine Materialien besorgen”, erklärt Jürgen Schöller. Auch in seiner Stimme liegt Verzweiflung. 

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Lena Schäffler begutachtet den Schaden im Wohnhaus. Die Alurolladen an den Fenstern haben schlimme Schäden verhindert, die Fenster blieben intakt. “Meine Frau hat zum Glück direkt geschaltet und die Rollos runter gemacht”, erzählt der Steinmetz. Noch immer lebt Familie Schöller ohne Strom, die Rollos sind auch drei Tage nach dem Sturm unten. Als Lena Schäffler vorschlägt, die Rollos hochzufahren, blitzt Panik in den Augen von Jürgen Schöllers Frau aus. “Das trau ich mich nicht”, winkt sie schnell ab.

Blick auf Bad Bayersoien: Auch von weitem sieht man die Spuren des Unwetters
Abgedeckt: In Bad Bayersoien ist beinahe jedes Haus von einer Plane bedeckt – auch das Rathaus
Gemeinschaft hilft: In Benediktbeuern und Bad Bayersoien kommen zahlreiche Helfer:innen zusammen und erleben die Dankbarkeit der Betroffenen

Nicht nur Benediktbeuern ist betroffen. Circa 40 Kilometer weiter westlich liegt das einst malerische Dorf Bad Bayersoien. Auf dem Weg in den Ort blickt man von der Schnellstraße von oben auf das Dorf. Drei Tage nach dem Unwetter sind fast alle Dächer mit Planen abgedeckt, an beinahe jedem Haus steht ein Gerüst. Hier wurde der Katastrophenfall ausgerufen. Das technische Hilfswerk und unzählige Feuerwehrautos sind bereits vor Ort. 

Besonders schlimm hat es Jakob Sanner erwischt. Gemeinsam mit seiner Frau leitet er einen landwirtschaftlichen Betrieb in Benediktbeuern. ”Der Hagel klang wie ein Maschinengewehr”, erzählt er. Er zerstörte die Dächer der Wohnhäuser, aber auch die der Silos und Ställe. “Dort wird die Ernte getrocknet. Die müssen wir komplett wegschmeißen”, erklärt Jakob Sanner verzweifelt. “Ein, zwei Tage danach hätte man sie noch trocknen können. Drei Tage im Regen schafft das Futter nicht.” Einige seiner Tiere wurden von den übergroßen Hagelbällen tödlich getroffen. Wie er seine übrigen Tiere im Winter füttern soll, weiß er noch nicht.

»Wir müssen wohl damit leben, dass so etwas jetzt häufiger kommt«

Landwirt Jakob Sanner

“Das sind sogenannte Totalausfälle”, sagt Maximilian Niederberger-Kern. Der Allianz Agrar Experte erzählt, dass zu dem Unwetterereignis bayernweit ca. 500 Schäden bis Mitte September gemeldet wurden. “Es ist ohnehin Hauptsaison für Unwettermeldungen bei landwirtschaftlichen Betrieben, aber in diesem Sommer scheinen die Extremwetterereignisse zuzunehmen”, sagt er. Diese bedrohen die Existenz vieler Landwirt:innen. So wie die von Jakob Sanner. “Wir müssen wohl damit leben, dass so etwas jetzt häufiger kommt”, sagt er. Für ihn heißt es jetzt aufräumen – und dann weitermachen. Zum Glück muss er das nicht allein: neben Lena Schäffler von der Allianz sind noch unzählige Helfer und Helferinnen sind in den Krisenorten zusammen gekommen, um beim Abdecken und Aufräumen zu helfen. Dachziegel werden verschenkt, Dachdecker und Handwerker arbeiten zum Teil in 48 Stunden Schichten. Ohne diese Unterstützung würde der Wiederaufbau schwer werden.

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Text Selena Gruner

Fotos Simon Koy

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Bloß nicht stressen lassen

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Auf Infoscreens in ganz Deutschland erscheinen derzeit Gesundheitstipps, präsentiert von der Allianz Private Krankenversicherung. 1890 digital nimmt die Ratschläge auf – und vertieft das Wissen in Experteninterviews. Teil 7: Diplom-Psychologin Gabriele Bringer erklärt, wie Sie Stress reduzieren oder gar vermeiden können

Gabriele Bringer

Die Diplom-Psychologin Gabriele Bringer ist Leiterin der Beratungsstelle »Stresszentrum Berlin«. Seit 1991 arbeitet sie als selbstständige Trainerin, Beraterin und Seminarleiterin im Bereich Wirtschaftspsychologie. Ihre Schwerpunkte liegen in den Bereichen Stress und Burn-out, Kommunikation und betriebliches Gesundheitsmanagement.

Stress erhöht nicht nur den Blutdruck, sondern kann auf Dauer krank machen. Doch Stress im Alltag zu reduzieren, ist für viele Menschen gar nicht so einfach. Was sind Ihre Tipps?
Sport ist definitiv ein gutes Mittel, um Stress abzubauen. Weniger hilfreich sind aber Sportarten wie das Krafttraining, weil der Körper durch die schnellen und kräftigen Bewegungen in den Angriffsmodus schaltet. Hierbei werden auch wieder Stresshormone ausgeschüttet, die einen weiter aufputschen können. Besser eignen sich alle Ausdauersportarten wie Joggen oder Radfahren. Hier werden Stoffe aktiviert, die die Durchblutung des Gehirns und des Darms fördern. Das sind genau die Areale, wo Stresshormone abgebaut werden.

Also ist die Muckibude für alle Freunde des Hantelstemmens tabu?
Nein. Natürlich ist es immer besser, irgendeinen Sport auszuüben, als überhaupt keinen. Es reichen übrigens schon wenige Minuten, um Effekte zu erzielen. Der tägliche, flotte Gang zu Bus oder Bahn würde schon reichen. So was lässt sich sehr einfach in den Alltag integrieren.

Und was machen alle Sportmuffel?
Ein kleiner Tipp mit großer Wirkung ist, seine Haltung zu verbessern. Viele Menschen entwickeln unter Dauerstress eine verkrampfte Körperposition mit hoch- oder vorgezogenen Schultern und angespanntem Kiefer. Allein durch das Zurücknehmen der Schultern erreicht man eine aufrechte Haltung. Dadurch kommt mehr Luft in die Lunge, die Atmung verbessert sich und die Durchblutung des Gehirns wird angeregt. Jetzt noch mit dem Unterkiefer hin- und her wackeln und man fühlt sich gleich viel entspannter.

Laut vieler Umfragen nimmt Stress in der Gesellschaft stetig zu. Etwa belegt eine aktuelle Studie aus Deutschland, dass sich jeder zweite Bundesbürger gestresst fühlt. Sind Menschen heute wirklich gestresster als früher?
Ja. Und dafür gibt es meiner Meinung nach drei Gründe. Erstens hat das Arbeitspensum durch den demografischen Wandel erheblich zugenommen. Zweitens erhöhen neue Medien durch den permanenten und immer schnelleren Kommunikations- und Informationsfluss unseren Stresslevel. Und Drittens gibt es erste wissenschaftliche Hinweise, dass der übermäßige Konsum von Fertignahrung den Körper dauerhaft unter Stress setzt.

Fertigessen begünstigt Stress?
Ja. Es betrifft wohl vor allem einige bedenkliche Farb- und Konservierungsstoffe, die den Stoffwechsel durcheinander bringen und somit Stress auslösen können. In einer britischen Studie mit Kindern konnten zum Beispiel Wissenschaftler zeigen, dass die Probanden ohne den Konsum von Fertigprodukten ausgeglichener und lernbereiter waren.

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Interview Sonja Hoogendoorn
Fotos Simon Koy, privat