27.11.2023

»Ich investiere keine Energie in einen Plan B«

Breakerin Jilou träumt nicht einfach nur, sie manifestiert ihr Ziel im Schlaf: eine Teilnahme an den Olympischen Spielen in Paris. Ihre Sportart ist zum ersten Mal olympisch, und auch Jilou will eine Pionierin sein – selbst wenn der Druck sie manchmal überwältigt.

Die Allianz und ihre Agenturen fördern Sportveranstaltungen auf allen Ebenen – vom örtlichen Jugendturnier bis zum Spitzensport. Denn Gesundheit, Inklusion und Teamgeist liegen einem Versicherer am Herzen. Seit 2021 ist die Allianz auch weltweiter Partner der olympischen und paralympischen Bewegungen. Das Engagement ist auf acht Jahre ausgelegt und baut auf der seit 2006 bestehenden Zusammenarbeit mit der paralympischen Bewegung auf.

Jahrgang: 1992

Wohnort: Berlin

Beruf: Profisportlerin      

Disziplin: Breaking 

Heimatverein: 84TIL

Größte Erfolge: 2019 & 2021: WM-Bronzemedaille 

Meine bisher schlimmste Sportverletzung: Bänderriss Sprunggelenk

Ritual vor dem Wettkampf: Im Trainingsbuch Runden aufschreiben 

»Zum Breaking habe ich erst über Umwege gefunden, am Anfang stand eindeutig meine Lust an der Akrobatik. Die hat mich 1999 zuerst zum Kunstturnen geführt. Den Sport habe ich tatsächlich intensiv betrieben, aber mir fehlte irgendwie die künstlerische Freiheit. Ich wollte auch mal aus der Figur ausbrechen. Ich habe es daraufhin im Zirkus probiert. Doch selbst dort war ich nicht so frei, weil die Choreografie immer um eine Show gebaut wird. 2006 sah meine Mutter im Fernsehen zufällig das >Battle of the Year< – das ist ein internationaler Breakdance-Wettbewerb – und schickte mich kurzerhand in meinem Heimatverein MTV Köln in einen Breaking-Kurs. So fing alles an.

Am Breaking gefällt mir, dass man eigentlich nie fertig ist. Man kommt nie an den Punkt, an dem man sagt: >Die Choreografie endet mit diesem Rückwärtssalto.< Beim Breaking probiere ich einen Rückwärtssalto, dann versuche ich auch gleichzeitig meine Füße zu fassen, meine Arme zu kreuzen und mich im Anschluss noch auf den Kopf zu drehen. Die Bewegung geht immer weiter, keine Choreografie ist gleich. Oft geht es nicht nur darum, wie schwer der Trick ist, sondern wie einzigartig und wie gut er zu deinem Stil passt. Beim Breaking kann ich ganz ich selbst sein und das machen, worauf ich Lust habe, ohne mich an irgendwelche Normen halten zu müssen.

2028 wird unsere Sportart bei den Olympischen Spielen in Los Angeles nicht dabei sein. Das Organisationskomitee hat sich gegen Breaking entschieden. In Paris geht es deshalb für mich um alles oder nichts. Niemand weiß, was nach den Spielen passiert. 

Sport ist im Allgemeinen gut für die physische und mentale Gesundheit. Doch manchmal muss ich aufpassen, dass ich den Wettkampfgedanken nicht zu sehr in den Vordergrund rücke – sonst laufe ich Gefahr, mich selbst zu sehr in Frage zu stellen. Bin ich gut genug? Kann ich das? Schaffe ich das? Bei der Weltmeisterschaft 2021 habe ich mich sehr unter Druck gesetzt. Nach dem Battle und dem Gewinn der Bronzemedaille stand ich unter der Dusche und musste plötzlich heftig weinen, alles musste raus, das war schon krass. Bei den Olympischen Spielen spüre ich wieder einen enormen Druck. Denn: Ich bin vielleicht die einzige Deutsche, die es nach Paris schafft.

Wenn ich an die Spiele denke, bin ich total aufgeregt und freue mich auch sehr, dass Breaking im Moment so viel Aufmerksamkeit bekommt. Natürlich habe ich auch ein bisschen Angst, dass ich mich nicht qualifizieren könnte – im Moment sieht es zum Glück sehr gut aus. In einen Plan B stecke ich definitiv keine Energie. Denn ich glaube ganz fest daran, dass Träume in Erfüllung gehen. Ob ich wirklich dabei bin, entscheidet sich im Juni.

Für mich sind Träume auch eine Art Manifestation. Ich versuche ganz bewusst, mit dem Gedanken einzuschlafen, bei den Olympischen Spielen dabei zu sein. Und natürlich träume ich auch von einer Medaille. Wenn ich mich qualifiziere, dann gehöre ich zu den besten 16 Breakerinnen, und dann ist alles offen – jeder startet bei null.

Meine Medaille würde ich allen Menschen widmen, die mich ehrlich unterstützt haben. In den ersten sieben, acht Jahren habe ich nicht viel Liebe aus Deutschland bekommen. Erst als ich den internationalen Durchbruch schaffte, ging es los. Da habe ich mir oft gedacht: >Hey, ihr hättet mich doch auch schon früher unterstützen und mir sagen können, dass ich gut bin.<«

Protokoll Maria Dünninger
Fotos Karolin Klüppel

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