28.04.2023

Wen juckt’s? Durchatmen trotz Heuschnupfen

Auf Infoscreens in ganz Deutschland erscheinen derzeit Gesundheitstipps, präsentiert von der Allianz Private Krankenversicherung. 1890 digital nimmt die Ratschläge auf – und vertieft das Wissen in Experteninterviews. Teil 3: Hausarzt Malik Böttcher ermutigt Menschen mit Allergie zum Arzt zu gehen

Zur Person

Malik Böttcher ist Facharzt für Allgemeinmedizin und Diabetologe in Berlin. In seiner Praxis im Stadtteil Schöneberg betreut er gemeinsam mit zwei weiteren Ärztinnen eine breit gefächerte Patientenschaft: Menschen vieler Nationalitäten und Altersstufen, mit akuten oder chronischen Krankheiten, mit Diabetes, psychischen Beschwerden, Suchtproblemen, Herz-Kreislauf- oder Lungenerkrankungen. 

Neben seiner Praxis hat Böttcher während der Pandemie eine Corona-Ambulanz in Berlin Havelhöhe geleitet und dort auch schwere Fälle betreut.

Herr Böttcher, für rund 12,5 Millionen Menschen in Deutschland (fast 15 Prozent der Gesamtbevölkerung) beginnt mit dem Frühling eine Zeit des Leidens. Was raten Sie Heuschnupfen-Geplagten?

Saisonale Allergien sind weit verbreitet – und es gibt hier ein großes Spektrum. Beim einen läuft die Nase oder kratzt es im Hals, bei anderen sind die Beschwerden so groß, dass ein normaler Alltag unmöglich wird. Und: Auch wer als Kind keine Allergien hatte, kann als Erwachsener Heuschnupfen entwickeln. Ich rate dazu, das Gespräch mit der Hausärztin oder dem Hausarzt zu suchen. 

Wie sieht denn eine Behandlung von Heuschnupfen aus?

Im ersten Schritt werden in der Regel Allergietests durchgeführt. Das können sogenannte Pricktests auf der Haut oder auch eine Blutuntersuchung sein. Ganz generell lässt sich Heuschnupfen gut behandeln zum Beispiel mit Antihistaminika in Nasensprays, Augentropfen oder Tabletten. Mit der Einnahme von Cortison sollte man allerdings äußerst vorsichtig sein. Grundsätzlich rate ich dazu, immer im engen Kontakt zur Hausärztin oder dem Hausarzt zu bleiben.

Ein häufig geäußerter Tipp ist, das eigene Zuhause von Pollen zu befreien. Was muss man dafür tun?

Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten. Man kann heutzutage Fenster mit speziellen Pollenfiltern versehen. Man kann es auch mit elektronischen Luftfiltern versuchen, die man bereits aus der Coronazeit kennt. Komplett pollenfrei wird man das eigene Zuhause allerdings nicht kriegen. In den meisten Fällen ist es deshalb viel pragmatischer, bei akuten Beschwerden eine Tablette zu nehmen.

»Jeder Verlauf ist anders.«

Malik Böttcher

Stimmt es, dass sich Heuschnupfen-Symptome im Laufe des Lebens eher verschlimmern?

So pauschal lässt sich das nicht sagen. Jeder Verlauf ist anders. Allergien können sich entwickeln, auch wenn man als Kind keine hatte. In manchen Fällen nehmen die allergischen Beschwerden zu und gehen irgendwann in Asthma über. Aber es kommt auch vor, dass Heuschnupfen-Symptome ganz von selbst wieder abklingen. Bei manchen meiner Patientinnen erlebe ich, dass sie schwanger werden und dann plötzlich beschwerdefrei sind. Was ich ebenfalls schon beobachtet habe, ist, dass Heuschnupfen im hohen Alter tendenziell abnimmt.

Eine Alternative zu Nasenspray, Augentropfen & Co. ist eine Hyposensibilisierung, bei der das eigene Immunsystem an die Allergieauslöser gewöhnt wird. Für wen kommt das infrage – und für wen nicht?

Hyposensibilisierungen werden immer bekannter und klassischerweise in Fachpraxen für Allergologie oder HNO durchgeführt. Das kommt für alle infrage, die bereit sind, drei bis fünf Jahre lang alle vier Wochen in die Praxis zu kommen, um sich den Allergieauslöser spritzen zu lassen. Das Zauberwort für eine erfolgreiche Behandlung lautet hier »Therapietreue«. Es gibt aber inzwischen auch die Möglichkeit, eine Hyposensibilisierung in Tablettenform durchzuführen. Das heißt, man könnte die Therapie theoretisch auch zu Hause machen.

»Dort, wo es möglich ist, sollte man Allergenen aus dem Weg gehen.«

Kann man Beschwerden auch vorbeugen?

Dort, wo es möglich ist, sollte man Allergenen aus dem Weg gehen, das heißt: über Ostern vielleicht nicht unbedingt in das Ferienhaus nach Brandenburg fahren, wo ich schon in den Vorjahren massiv Heuschnupfen hatte, sondern lieber in die Berge oder ans Meer.

Text Simone Dyllick-Brenzinger
Fotos Simon Koy, privat

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