23.09.2021

Tierisch alt: Die haben ganz schön was auf dem Buckel

Von wegen Eintagsfliege – manche Tierarten werden richtig, richtig alt. Da kann sich Homo sapiens ruhig mal ein Beispiel nehmen

140 Jahre 

Der Hummer — Ziemlich stolz war das New Yorker Restaurant »City Crab and Seafood« auf einen Riesenfang, der um Neujahr 2009 herum einige Tage im Schaubecken schwamm: ein Hummer mit einem Gewicht von satten neun Kilogramm. Erst tauften Kunden ihn auf den Namen George, dann schätzten Experten sein Alter auf 140 Jahre. Der greise George durfte daraufhin zurück in den Atlantik. Dort wird er sich eine neue Felsspalte gesucht haben, wo Hummer den Tag über dösen, um nachts auf Jagd zu gehen. Gefährlich wird ihnen dabei (außer Fischern) kaum jemand. Wie auch, mit diesen Waffen? Die Greifschere ist mit scharfen Zähnen ausgestattet, die große Knackschere zertrümmert locker Krebspanzer. Zusammen machen sie gut die Hälfte seines Körpergewichts aus.

Wir lernen: beherzt zukneifen, wenn Ärger droht.

176 Jahre

Die Riesenschildkröte — Sie sieht schon alt aus, wenn sie zur Welt kommt. Ihr Hals ist faltig, ihre Haut grau, und ihre Bewegungen sind unglaublich langsam. Warum sollten sich Riesenschildkröten auch beeilen? Sie leben an den schönsten Orten der Erde, zum Beispiel auf dem Galapagos-Archipel im Pazifik. Dort wächst alles, was sie gern fressen: Kräuter, Beeren, Flechten und Gräser. Mit der Verdauung sind sie die ersten 20 bis 30 Lebensjahre ausgelastet, dann kommt einmal jährlich die Paarung dazu, bis sie mit etwa 100 Jahren sterben. Harriet, die angeblich noch Charles Darwin persönlich fing, wurde sogar 176. Blöd nur, dass diese Schildkröten nicht mehr allein in ihrem Paradies wohnen. Eingeschleppte Schweine, Katzen und Ratten bedrohen ihren Nachwuchs.

Wir lernen: einen Gang runterschalten.

100 Jahre

Der Papagei — Es lohnt sich, einem Papagei das Sprechen beizubringen, denn seine Kindheitserinnerungen sind bisweilen ziemlich interessant. Heute lebende Senioren können noch unter Kaiser Wilhelm aufgewachsen sein. Große Papageien wie Aras werden bis zu 100 Jahre alt und sind damit die einzigen Vögel, die uns Menschen überleben. Entsprechend oft werden sie als Haustiere vererbt. Ihre natürlichen Lebensräume sind tropische und subtropische Gebiete wie das Amazonasbecken oder der Norden Australiens. Sie ernähren sich größtenteils vegetarisch und halten engen Kontakt zu ihren Artgenossen, mit denen sie in großen Schwärmen zusammenleben. Ihrem Partner sind sie ihr ganzes langes Leben lang treu.

Wir lernen: Plaudern hält jung!

Unsterblich

Die Qualle — Turritopsis dohrnii heißt diese Qualle, eine glockenförmige Glibbergestalt mit einem Durchmesser von etwa fünf Millimetern. Sie kommt in allen angenehm temperierten Teilen der Weltmeere vor und kennt nur den Katastrophentod. Will heißen: Wenn sie nicht gefressen oder an Land gespült wird, ist sie potenziell unsterblich. Turritopsis startet nach der Fortpflanzung eine Verjüngungskur, bei der sie einen Zustand erreicht, der dem in ihrer sehr frühen Kindheit ähnelt. Ihre Zellen verwandeln sich, ähnlich wie menschliche Stammzellen, in »Alleskönner« zurück. Aus diesen formatiert sie sich neu und beginnt ihr Leben von vorn. Immer wieder. Diese selbstständige Wiedergeburt ist einzigartig auf der Welt.

Wir lernen: öfter mal einen Neustart machen.

30 Jahre

Die Termite — Für die meisten Lebewesen gilt die Regel: je mehr Nachkommen, desto früher der Tod. Bei Termiten ist es anders. Eine Königin legt 30 000 Eier am Tag und wird trotzdem locker an die 30 Jahre alt. Unter den Insekten ein unfassbar hohes Alter. Zusammen mit ihrem ebenso langlebigen Partner, dem König, teilt sie sich eine Kammer im Termitenbau. Von dort aus regiert das Paar einen Staat aus blinden Arbeitern und Soldaten, die selbst nur zwei bis drei Monate lang leben. Im Bau wohnen zudem gern Käfer, Fliegen und Vögel zur Untermiete. Forscher vermuten, dass sich das hohe Alter der Termiten durch ebendieses soziale WG-Leben erklären lässt. Ähnlich verhält es sich bei ihren ärgsten Feinden, den Ameisen. Ausgerechnet die werden fast genauso alt. 

Wir lernen: öfter mal Leute nach Hause einladen.

400 Jahre

Der Eishai – Kryoniker sind Leute, die ihren Körper kurz nach dem Tod einfrieren lassen, um in einer Zukunft mit besserer Medizin wiederbelebt zu werden. Wie gut Kälte bereits vor dem Tod konserviert, zeigt der Eishai, der sein ganzes Leben in arktischen Gewässern bei Temperaturen um den Gefrierpunkt verbringt. Mindestens 400 Jahre schafft er so – Rekord unter den Wirbeltieren. Wer so viel Zeit hat, kann es ruhig angehen lassen. Sleeper Shark heißen die Tiere auf Englisch, weil sie einschläfernd langsam durchs Polarmeer treiben. Nachwuchs bekommen sie erst ab vier Meter Länge, da sind sie etwa 150 Jahre alt. Leider gehen sie Fischern oft schon vorher ins Netz. 

Wir lernen: öfter mal die Heizung runterdrehen.

500 Jahre 

Die Islandmuschel — Wie ein anonymer Großstädter lebt die Muschel in der Nord- und Ostsee in riesigen Kolonien. Denn zwischen ihren Schalen bleibt sie lieber für sich. Sie ist zu beschäftigt mit ihrem Job, Wasser zu filtrieren. Dabei frisst sie tierisches Plankton, frei Haus geliefert. Sobald ihr alles zu viel wird, schließt sie ihre Schale und vergräbt sich im Schlick. In dieser Phase bekommt sie keinen Sauerstoff, was eigentlich den Tod bedeuten müsste. Die Islandmuschel aber stellt in ihrem Urlaub ihren Stoffwechsel um, sodass in dieser Zeit keine Sauerstoffradikale ihr Erbgut schädigen können, was als Hauptgrund des Alterns gilt. Danach geht es wieder an die Arbeit. So schafft sie 400 bis 500 Jahre.

Wir lernen: Schlammpackung buchen und Luft anhalten.

  
Text                   
  Katharina Fuhrin
Illustrationen    Max Birkl

Das könnte Sie auch interessieren

Unsere Öffnungszeiten

Mo:08:00 - 12:00 Uhr
Di:08:00 - 12:00 und 13:00 - 18:00 Uhr
Mi:08:00 - 12:00 Uhr
Do:08:00 - 12:00 und 13:00 - 18:00 Uhr
Fr:08:00 - 12:00 Uhr