Ein Basejumper ist im freien Fall über der blauen Bucht von Zakynthos.Ein Basejumper ist im freien Fall über der blauen Bucht von Zakynthos.

19.07.2021

Sechs Situationen mit Null-Fehler-Toleranz

Ob in der Sushi-Küche, beim Imker oder währende der Mumien-Reinigung: Hier hätte jedes Missgeschick fatale Folgen. Sechs heikle Momentaufnahmen und ihre wahren Hintergründe

Zieh Leine!

Fallschirmspringer verlieren gern den Boden unter den Füßen. Dabei gilt: je größer die Distanz zur Erde, desto mehr Zeit bis zum möglichen Aufprall. Basejumper lieben es knapp. Sie springen nicht aus Flugzeugen, sondern von Bauwerken und Klippen. Einer ihrer Sehnsuchtsorte: die Navagio-Bucht auf der griechischen Insel Zakynthos. Nach dem Sprung von einer 200 Meter hohen Felswand bleiben maximal drei Sekunden, bis sich der Schirm geöffnet haben muss. Fehler wie ein zu später Griff zur Reißleine oder ein falsch gepackter Rucksack lassen sich nie wieder gutmachen. Am Strand gemahnen die Handtücher der Badegäste und das Wrack der Panagiotis ans nahe Ende.

In einer Spirale aufgereihte bunte Dominosteine
Ruhige Händchen: Jeder Stein dieser Domino-Kette wird perfekt platziert

Glücksspirale

Nicht immer läuft alles rund. Von den beiden Weltrekordversuchen, die Patrick Sinner und sein Team im Januar 2012 unternahmen, glückte nur einer. Vier Tage lang hatten 15 Domino-Profis im hessischen Kefenrod alles richtig gemacht: »Man baut rückwärts auf, darf nichts in den Taschen haben, was rausfallen könnte, und sollte geduldig sein «, sagt der 19-jährige Teamchef Sinner. Am Ende standen eine 30 Meter lange Mauer sowie – getrennt davon für den zweiten Rekordversuch – eine Spirale aus 30.000 Steinen bereit. Das Publikum hatte Platz genommen, der Notar war zufrieden – da brach ein Stück der Mauer ein und vermasselte Teil eins des Abends. Schuld waren minimale Vibrationen, ausgelöst von einer Lautsprecherdurchsage. Die Spirale fiel dann aber wie geplant in einer zehnminütigen Kettenreaktion. Weltrekord! Bis 2013. Da übertrafen Sinner und sein Team sich selbst – mit 55.555 Steinen in einer Spirale.

Der richtige Draht: Kampfmittelentschärfer müssen manchmal knifflige Entscheidungen treffen

Tick, Tick und Zwack

Hollywoodhelden stehen häufig vor einer kniffligen Entscheidung: den linken oder rechten Draht durchtrennen? Meistens hört die Bombe dann auf zu ticken – mit einer Sekunde Restzeit auf der vom Attentäter freundlicherweise mitgelieferten Digitalanzeige. Ganz so ist es in Wirklichkeit nicht. Aber Kampfmittelentschärfer gibt es. Sie analysieren den Zünder von Sprengsätzen, Minen oder alten Fliegerbomben und versuchen, ihn auszuschalten. Wenn möglich, schicken sie Roboter vor. Was nicht zu entschärfen ist, wird kontrolliert gesprengt. Manchmal aber müssen die Spezialisten wirklich zur Zange greifen und sich filmreif zwischen zwei Drähten entscheiden. 

Süßer Kleber: Der Restaurator legt mit Honig Hand an der Totenmaske von Tutanchamun an

Verfluchte Rasur

Zeit seines Lebens, so darf man annehmen, wurde Tutanchamun Honig um den Bart geschmiert. 3338 Jahre nach dem vermuteten Ableben des Pharaos kam die klebrige Substanz wieder zum Einsatz: Der Restaurator Christian Eckmann musste 2015 den Bart der Totenmaske unter Verwendung von Honigwachs reparieren. Putzkräfte des Ägyptischen Museums in Kairo hatten das goldige Stück ein Jahr zuvor beim Reinigen der Vitrine versehentlich abrasiert und dann notdürftig mit Kunstharz wieder angeklebt. Der deutsche Experte entfernte den falschen Leim, rührte einen historisch korrekten an und operierte monatelang in einem Reinraum an der Maske. Bei einem Fehler wäre das Kunstwerk entstellt – und Eckmann ziemlich verflucht worden. Ist noch mal gut gegangen.

Ruhe bewahren: Eine hektische Bewegung des Imkers könnte tödlich enden

Tausendmal berührt

Es hat ganz offensichtlich Summ gemacht. Und zum Glück ist dabei nicht viel passiert: Bei seinem Weltrekordversuch kam der chinesische Imker She Ping mit zehn Stichen glimpflich davon. Hundert Stiche können bereits tödlich sein. Insgesamt trägt She Ping hier geschätzte 450.000 Bienen am Leib. Lebendgewicht: rund 45 Kilo. Gefährlich würde es, gerieten die Insekten in Panik. Wenn sie ihren Stock in Gefahr wähnen, schütten Bienen Pheromone aus und blasen kollektiv zum Angriff. Bei She Peng blieben sie friedlich. Zwischendurch rauchte er mal eine, zu seiner Beruhigung – und zu der der Bienen.

Fingerspitzengefühl: Ein falscher Schnitt des Kochs kann verheerend sein

Auf Messers Schneide

Kaum ein Fisch ist so giftig wie der Kugelfisch. Blase, Leber, Darm und Ovarien enthalten in hoher Konzentration die tödliche Substanz Tetrodotoxin. Das Muskelfleisch des Tieres aber ist eine Delikatesse, die in Japan als »Fugu« auf den Teller kommt. Ein Fugu-Meister muss zwei Jahre lang üben und eine Lizenz erwerben. Nur dann darf er die Spezialität servieren. Beim Filetieren geht es um Millimeter. Schneidet er in eine Innerei, kann Gift austreten und ein vermeintlich verzehrbares Stück verseuchen. Ein Fehler des Kochs genügt – und der Gast muss für immer das Stäbchen abgeben. Trotz staatlicher Auflagen und Lizensierungsverfahren sterben durchschnittlich fünf Menschen pro Jahr, weil sie vergiftetes Kugelfischfleisch verzehrt haben.


Text
    Isabel Prössdorf, Christian Gottwalt, Niclas Müller
Fotos  Matt Blank/Caters News, Cephase Picture Library/Alamy, iStock/Ladislav Kubes, Getty Images/AFP (2), picture alliance/dpa/Emily Wabitsch

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