30.03.2021

Aprilscherze bei der Arbeit: Wo der Spaß aufhört

Witzigkeit kennt keine Grenzen, oder vielleicht doch? Welche Scherze am 1. April im Arbeitsumfeld erlaubt sind, und wo der Spaß dann doch aufhört, erklärt Rechtsanwalt Jochen Grünhagen im Interview

Zur Person

Jochen Grünhagen ist Rechtsanwalt für Arbeitsrecht in München

Herr Grünhagen, ein bisschen Spaß muss am 1. April sein, doch gilt das auch im Arbeitsumfeld? Rechtlich ist es entscheidend, dass der Scherz auch als Scherz erkennbar ist. Wenn Sie Ihrem Chef sagen, Sie können heute nicht zur Arbeit kommen, weil Sie von Aliens entführt wurden, dann wird er merken, dass das nicht ernst gemeint ist. Vermutlich wird er darauf bestehen, dass Sie trotzdem erscheinen und nicht sagen: »Okay, Sie sind verhindert, weil Sie im Weltraum unterwegs sind.« Insgesamt ist das aber ein gar nicht so leichtes Thema, denn das Scherzhafte und das Rechtliche sind zwei Kategorien, die sich nur begrenzt vertragen. Humorfrei ist das Recht allerdings auch nicht.

Inwiefern? Es gibt ein paar lokale Besonderheiten. Zum Beispiel beim Altweiberfasching im Rheinland. Da gibt es die Tradition, den Herren den Schlips zu durchschneiden. Manche finden es aber ganz und gar nicht lustig, wenn ihre teuren Seidenkrawatten ruiniert werden – und klagen. Vor Gericht haben die Betroffenen nicht immer recht bekommen. Manch ein Amtsrichter war der Meinung, wer in Karnevalshochburgen wie zum Beispiel Köln am Weiberdonnerstag eine Krawatte trägt, der muss einfach damit rechnen, dass sie abgeschnitten wird. Diese Rechtsprechung ist aber die absolute Ausnahme und lässt sich nicht auf den 1. April anwenden.

Hatten Sie schon einmal den Fall, dass ein schlechter Scherz vor Gericht landete? Ja, da hatte ein Mitarbeiter einen Kollegen mit einem Elektroschocker erschreckt. Er hielt das Gerät direkt neben das Ohr des Kollegen und schaltete es ein. Das knackte so laut, dass der vor Schreck aufsprang und sich dabei am Fuß verletzte. Keine schlimme Sache, nur eine Muskelzerrung, aber für den Witzbold endete die Geschichte mit einer verhaltensbedingten Kündigung. Das Arbeitsgericht in Nürnberg wertet das als »groben Unfug«. Wenn Menschen verletzt oder geschädigt werden, braucht man nicht auf das Verständnis vom Arbeitgeber oder Richter hoffen.

Woher soll ich aber wissen, wie jemand auf einen Scherz reagiert? Das ist schwierig, daher sollten Sie am besten auch nur Leute veräppeln, bei denen Sie einschätzen können, wie sie damit umgehen. Denn grundsätzlich muss man das »Opfer« immer so nehmen, wie es ist. Also, wenn jemand sehr sensibel reagiert, dann können Sie nicht sagen: »War doch nur ein Witz, stell dich nicht so an!« Und nur weil Sie etwas lustig finden, bedeutet das nicht, dass das beim Gegenüber auch so ankommt. Absolutes No-Go sind Witze über sexuelle Orientierung, ethnische Herkunft oder auch Transsexualität. Da hört der Spaß auf, und Arbeitgeber und Gerichte kennen meist kein Pardon.

Welche Witze darf ich denn dann überhaupt machen? Tja, wenn Sie einen Juristen wie mich fragen, kann ich nur sagen: Ein akzeptabler Scherz wurde im Voraus angekündigt, ist völlig eindeutig als Scherz erkennbar und in keiner Weise dazu geeignet, Schäden hervorzurufen…

…also, nicht lustig? Juristen sind nicht unbedingt lustig (lacht). Wir sind eben Bedenkenträger. Wenn aber alles juristisch immer hundertprozentig korrekt laufen würde, dann wäre die Welt ziemlich humorlos. Zum Glück sieht die Realität aber meistens etwas anders aus.

Wie sollen sich die Menschen am 1. April nun auf der Arbeit verhalten? Am besten Urlaub nehmen und an dem Tag zu Hause bleiben (lacht). Nein, im Ernst: Wenn Sie davon ausgehen können, dass sich niemand durch Ihre Witze gekränkt fühlt und Sie keine Schäden verursachen, sind Sie auf der sicheren Seite. Oder Sie machen einfach Scherze auf Ihre eigenen Kosten. Solange jeder über sich selbst lachen kann, ist alles in Ordnung.

Text    Verena Haart-Gaspar
Fotos  iStock/Fotokita, privat

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