29.04.2025

»Wie Pubertät ohne Pausenaufsicht«

Die Bestsellerautorinnen Susanne Fröhlich und Constanze Kleis haben ein Buch über das Älterwerden geschrieben. Ein beschwingtes Doppelinterview, das Lust darauf macht, die »Happy Hour des Lebens« in vollen Zügen zu genießen. 

Zur Person

Susanne Fröhlich ist eine bekannte deutsche Autorin, Journalistin und Moderatorin, die mit ihren humorvollen und oft persönlichen Büchern ein breites Publikum begeistert. Mit ihren Veröffentlichungen wie »Moppel-Ich«, die Themen wie Familie, Alltag oder Beziehungen behandeln, hat sie sich als eine der erfolgreichsten Sachbuchautorinnen im deutschsprachigen Raum etabliert.

Zur Person

Constanze Kleis ist als Journalistin u. a. für die »Frankfurter Allgemeine Zeitung« tätig. Wenn sie gerade nicht mit ihrer Freundin Susanne Fröhlich an Bestsellern oder Podcasts arbeitet, schreibt sie auch Solo-Bücher wie »Das Leben ist zu kurz für Mimimi«.

Ihr aktuelles Buch trägt den Titel »Älter werden ist wie jung sein, nur krasser«. Was ist für Sie das »Krasse« am Älterwerden?

Susanne Fröhlich: Wenn man um die 60 ist, sind oft viele wichtige Themen, die einen früher von morgens bis abends beschäftigt haben, wie Kinder und Karriere, nicht mehr so zentral. Und dann hat man plötzlich wieder diesen weißen Zettel vor sich, so wie am Ende der Schulzeit. Und fragt sich: Was will ich jetzt eigentlich mit meinem Leben machen?

Constanze Kleis: Das Krassere im Vergleich zu jungen Menschen ist, dass man die Restlaufzeit nun sehr deutlich vor Augen hat. Man weiß: Entweder ich erfülle mir meine Wünsche jetzt oder nie. Es ist wie Pubertät ohne Pausenaufsicht. Die Happy Hour unseres Lebens! Eine radikale Freiheit, das zu tun, was einen interessiert, was Spaß macht. Eben weil nicht mehr die Familie oder der Job ganz oben auf der Prioritätenliste steht, sondern man selbst. 

Die kontinuierlich gestiegene Lebenserwartung sorgt dafür, dass ein 60-jähriger Mensch noch ein bis zwei Jahrzehnte seine Träume verwirklichen kann, wenn die Gesundheit mitspielt. Früher hatten viele Menschen in diesem Alter ihr Leben quasi hinter sich.

Kleis: Ja, genau. Wir haben noch mal eine große Spielwiese dazugewonnen, auf der wir uns austoben dürfen. Ein Freiraum, den die Generationen davor in der Regel nicht hatten. 

Fröhlich: Heute müssen wir uns glücklicherweise nicht mehr in vorauseilendem Gehorsam dem Alter entgegenwerfen. Aber wir müssen trotzdem akzeptieren: Egal, was wir tun, am Ende wartet der Tod. Wenn ich mir das bewusst mache, kann ich das Jetzt umso intensiver nutzen. 

»Unsere Sichtweise ist: Das Material wird zwar nicht besser, aber ich habe hier ein Zeitfenster, das mir richtig viele Möglichkeiten gibt.«

Constanze Kleis

Viele verbinden mit dem Älterwerden vor allem Einschränkungen. Wie schafft man es, eine positive Einstellung zu dieser Lebensphase zu bekommen? 

Fröhlich: Das ist eine Frage der persönlichen Perspektive. Man kann natürlich den Blick auf das Negative richten und sagen: Mein Körper wird immer schwächer, mein Aussehen verfällt und so weiter. Da kann man sich dann auch gleich ins Bett legen und aufs Ende warten.

Kleis: Unsere Sichtweise ist: Das Material wird zwar nicht besser, aber ich habe hier ein Zeitfenster, das mir richtig viele Möglichkeiten gibt.

Fröhlich: Vielleicht wollte ich immer Italienisch lernen und in Rom einen Cappuccino bestellen. Dann kann ich das jetzt machen. Fließend Dänisch lernen ist auch eine Möglichkeit, wird aber vermutlich etwas länger dauern.

Länger gesund leben: Das Thema Longevity boomt, es sind ein eigener Forschungsbereich und eine ganze Industrie entstanden. Welche Tipps für Langlebigkeit beherzigen Sie?

Fröhlich: Es nennt sich heute ganz schick Longevity, aber die meisten Ratschläge sind Klassiker, die den Leuten gut bekannt sind. Es ist gut, sich zu bewegen, die Muskulatur zu stärken, sich gesund zu ernähren, keinen Alkohol zu trinken, viel zu schlafen und so weiter. Das sind alles hilfreiche Tipps, an denen ich mich auch orientiere. Allerdings habe ich auch meine Laster – allen voran: Ich stille meine Nikotinsucht mit E-Zigaretten.

Kleis: Sobald der Longevity-Hype fanatische Züge annimmt, habe ich Probleme damit. Das ganze Leben der Verlängerung des Lebens unterzuordnen, finde ich eine schwierige Angelegenheit. Zumal es ja auch die Gene und so etwas wie Schicksal gibt. Ich kann super gesund leben und trotzdem Bauchspeicheldrüsenkrebs bekommen oder bei einem Autounfall sterben. 

Fröhlich:Wenn ich 40-Jährige auf Instagram sehe, die sagen »Wir gehen nie nach 22 Uhr ins Bett, wir trinken keinen Alkohol, verzichten auf Zucker und Frittiertes«, dann denke ich: Kann sein, dass ihr 97 werdet. Aber bis dahin ist es halt auch eine lange Strecke ohne Pommes, Spaghetti-Eis und zwischendurch mal ein Gläschen Wein.

Kleis: Wir glauben, dass eine Mischkalkulation das Beste ist. Denn man weiß heute auch, dass soziale Kontakte ein wichtiger Faktor für gesundes Altern sind. Es ist nicht leicht, Freundschaften zu pflegen, wenn man zur kompletten Spaßbremse mutiert ist. 

»Ich bin schon überrascht, dass in unserem Umfeld viele nicht den Hauch einer Idee haben, was sie an Rente kriegen.«

Susanne Fröhlich

Was hätten Sie gerne schon früher gewusst? Welchen Rat würden Sie Ihrem 25-jährigen Ich geben?

Kleis: Lege dein Geld möglichst früh an – in Aktien, in Fonds oder auch in Form einer Immobilie. Beschäftige dich mit deinen Finanzen!

Fröhlich: Ich bin schon überrascht, dass in unserem Umfeld viele nicht den Hauch einer Idee haben, was sie an Rente kriegen. Die ignorieren das Thema einfach, vielleicht auch, weil sie es verdrängen wollen.

Woran liegt es, dass Frauen sich nach wie vor so ungern mit ihren Finanzen beschäftigen?

Kleis: Meine Vermutung ist, dass viele das Thema schnarchlangweilig und unsexy finden. Geld macht ja bekanntlich nicht automatisch glücklich. Aber kein Geld zu haben, macht definitiv unglücklich. 

Fröhlich: Ich glaube, dass immer noch in vielen Köpfen die alte Rollenverteilung herrscht, dass der Mann sich ums Finanzielle kümmert – um die Steuern, um die Rente und so weiter. Es ist schon bitter, dass sich in diesem Punkt bisher so wenig getan hat. 

»Frauen beschäftigen sich ja häufig sehr intensiv mit ihrem Befinden. Was auch nerven kann. Aber Männer könnten sich schon davon eine Scheibe abschneiden.«

Constanze Kleis

Die durchschnittliche Lebenserwartung von Frauen ist in Deutschland um sechs Jahre höher als bei Männern. Was können Männer von Frauen lernen in Sachen Älterwerden?

Kleis: Frauen beschäftigen sich ja häufig sehr intensiv mit ihrem Befinden. Was auch nerven kann. Aber Männer könnten sich schon davon eine Scheibe abschneiden. Es ist zum Beispiel statistisch gut belegt, dass Männer nur einen Bruchteil der Vorsorgeuntersuchungen wahrnimmt. Sie halten sich oft für unkaputtbar, während sie auf der anderen Seite den im Vergleich zu Frauen deutlich riskanteren Lebensstil haben – mehr Fleisch essen, mehr Alkohol trinken und so weiter.

Nerven Sie Ihren Partner mit Gesundheitstipps?

Fröhlich: Absolut! Ich finde, es sollte mich auf Krankenschein geben. Zum Beispiel habe ich zu meinem Freund immer wieder gesagt: Darmspiegelung! Darmspiegelung! Darmspiegelung! Ich habe es so oft wiederholt, bis er brav zur Untersuchung gegangen ist – sicherlich auch deswegen, weil er es irgendwann nicht mehr hören konnte. Akzeptanz durch Penetranz.

Für Ihr Buch haben Sie sich auch intensiv mit der Übergangsphase vom Berufsleben zum Rentnerdasein beschäftigt. Was sind Ihre Beobachtungen? 

Fröhlich: Die Aussicht, nicht mehr arbeiten zu müssen und viel freie Zeit zu haben, ist natürlich erst einmal total verlockend. Und am Anfang fühlt es sich tatsächlich an wie die Flitterwochen. Ausschlafen, ins Museum gehen, Hobbys pflegen, lesen, keine Termine haben. Und wenn einem langweilig wird, räumt man den Keller oder die Garage auf. Es ist ja auch völlig legitim, das so zu tun. Aber den meisten Menschen reicht das auf Dauer dann doch nicht.

Kleis: Irgendwann hat man alle Museen besucht, und dann kann die Abwesenheit von Terminen zum Problem werden. Ich habe gemerkt, dass es wichtig ist, eine feste Struktur zu haben. Eine gute Idee ist zum Beispiel, ein Ehrenamt zu übernehmen, wo man merkt, dass man eine Bedeutung für andere hat. 

Welches Mantra tröstet Sie, wenn Sie doch mal mit dem Älterwerden hadern?

Fröhlich: Die Alternative zum Älterwerden ist tot sein.

Kleis: Die Entscheidung, etwas an meiner Situation zu ändern, liegt immer bei mir selbst.

Text Katja Hertin
Foto Jonas Ratermann

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