22.04.2025

Kinder, Karriere, Kohle

In Deutschland reden wir nicht gerne über Geld. Dabei ist das Thema – gerade in Beziehungen – extrem wichtig. Schließlich sind wir nur mit wenigen Personen so eng verbunden wie mit unserem Herzensmenschen – sowohl emotional als auch finanziell. Wir haben mit zwei Paaren über ihren Umgang mit Geld gesprochen.

Von der Familienplanung waren Jara Schätz und Simon Niederdränk, beide 27 Jahre alt, weit entfernt. Erst Karriere, dann Kind – so der Plan. Im März 2024 dann die Überraschung: Jara Schätz war schwanger. Die Nachricht stellte die Welt des Paares auf den Kopf. Simon war gerade dabei, seinen Master in Mechatronik und Robotik abzuschließen, und Jara hatte frisch in ihrem Job als Ingenieurin angefangen. Was nun?

Im November 2024 war es dann so weit: Ihre Tochter kam zur Welt. Fast zeitgleich begann Simon sein Traineeship. Das Programm dauert insgesamt zwei Jahre, in denen er zwischen verschiedenen Abteilungen rotiert und ein bis zwei Nächte pro Woche in Ulm – dem Standort seines Arbeitgebers – verbringt. Gemeinsam entscheidet das Paar: Jara geht in Elternzeit, und Simon setzt sein Traineeprogramm wie geplant fort.

Plötzlich Eltern: Das Familienglück kam für Jara und Simon unerwartet

Name: Jara Schätz und Simon Niederdränk

Jahrgang: beide 1997

Wohnort: München

Berufe: beide Ingenieur:innen 

Lebenssituation: in einer Beziehung, ein Kind

»Unser Ziel ist es, dass wir beide irgendwann in Teilzeit arbeiten«, erzählt Simon. Die sogenannte Teilzeitfalle macht ihm keine Sorgen. Anders sieht es bei Jara aus: »Ich habe schon Angst davor. Man stellt sich immer vor, dass man nur für ein paar Jahre in Teilzeit bleibt – bis das Kind im Kindergarten ist. Aber ob ich dann wieder 40 Stunden arbeiten kann? Ich weiß es nicht. Und dann ist die Gefahr groß, dass die Falle zuschnappt und ich dauerhaft in weniger verantwortlichen und schlechter bezahlten Stellen stecken bleiben.«

Aber nicht nur diese Sorge beschäftigt Jara. Sie hat auch mit ihrem Selbstbewusstsein zu kämpfen: »Ich habe sechs Jahre lang studiert und vor der Elternzeit nur neun Monate gearbeitet. Ich muss mich immer wieder daran erinnern, dass ich neben Hausfrau und Mutter auch Ingenieurin bin«, gesteht sie offen.

Vollzeit dank Vereinbarkeitsmodell

In Teilzeit zu arbeiten, kam für Ines Imdahl und Jens Lönneker – Eltern von vier Kindern im Alter zwischen 15 und 25 Jahren – nicht infrage. Gemeinsam haben sie den rheingold salon, eine tiefenpsychologisch arbeitende Forschungsagentur, gegründet. An ihrem Vereinbarkeitsmodell halten sie bereits seit der Geburt ihres ersten Sohnes fest: Sie wechseln zwischen kurzen und langen Tagen, arbeiten also abwechselnd sechs und zehn Stunden. An kurzen Tagen ist das eingeplante Elternteil ab 14 Uhr zu Hause und kümmert sich um die Kinder. An langen Tagen sind Kundentermine, Reisen und abendliche Events möglich. Der Freitag ist abwechselnd kurz und lang. Es gibt also mal 38- und mal 42-Stunden-Wochen. Ist ein Tausch notwendig, wird das vorher abgestimmt und der Tag ersetzt. Wenn ein Kind krank ist, bleibt das Elternteil zu Hause, das den kurzen Tag hat. 

Bis auf wenige Ausnahmen hat sich das Modell für das Ehepaar bewährt. Im beruflichen Umfeld eckten sie damit allerdings an. »Dass wir beide nach der Geburt unserer Kinder in unsere Vollzeitjobs zurückgekehrt sind, war für damalige Verhältnisse unüblich«, erzählt Ines. Homeoffice war alles andere als normal. Von Geschäftspartnern – allesamt Männer – erfuhren sie nur wenig Unterstützung. 

Seit dieser Zeit hat sich viel getan. Dem Klischee, dass die Kindererziehung und -betreuung Frauensache ist, begegnet Ines dennoch immer wieder: »Wenn in der Schule etwas ist, werde immer zuerst ich angerufen – und das, obwohl auch die Nummer meines Mannes hinterlegt ist.« 

Vereinbarkeit von Familie und Beruf: für Ines und Jens ein wichtiges Anliegen

Name: Ines Imdahl und Jens Lönneker

Jahrgang: 1967 (Ines Imdahl), 1957 (Jens Lönneker)

Wohnort: Köln

Berufe: beide Diplom-Psycholog:innen und Geschäftsführer:innen

Lebenssituation: verheiratet, vier Kinder

Während Ines Imdahl und Jens Lönneker eine faire Aufteilung gelingt, zeigt ein Blick in die Statistik ein anderes Bild: Der Gender Care Gap – also die ungleiche Verteilung von unbezahlter Arbeit wie Kinderbetreuung, Haushalt und Pflege zwischen den Geschlechtern –  ist gewaltig: Pro Tag wenden Frauen im Durchschnitt 44,3 Prozent mehr Zeit für unbezahlte Sorgearbeit auf als Männer. Umgerechnet sind das 79 Minuten Unterschied pro Tag. Pro Woche verbringen Frauen also fast zehn Stunden mehr mit Care-Arbeit als Männer. Mit schwerwiegenden Auswirkungen auf die Altersvorsorge.

Früh fürs Alter vorsorgen

»Das Thema Rente und Altersvorsorge schiebe ich vor mir her. Ich weiß, dass ich mich damit auseinandersetzen sollte. Ich habe aber einfach keine Lust dazu.« Damit ist Jara Schätz nicht allein. 44 Prozent der jungen Erwachsenen zwischen 18 und 30 Jahren haben noch nicht mit der Vorsorge für den Ruhestand begonnen.

Gerade für Frauen kann das verheerende Konsequenzen haben. Das beweist der Gender Pension Gap – auch geschlechtsspezifische Altersvorsorgelücke oder Rentenlücke genannt. Die Statistik zeigt: Frauen ab 65 Jahren beziehen Alterseinkünfte von rund 18.700 Euro brutto im Jahr, Männer von rund 25.600 Euro. Ohne Hinterbliebenenrenten beträgt die geschlechtsspezifische Lücke rund 40 Prozent. Das hat verschiedene Gründe: Zum einen verdienen Frauen in der Regel weniger als Männer. Zum anderen arbeiten Frauen häufiger in Teilzeit und unterbrechen ihre Karriere, etwa für die Kindererziehung oder die Pflege von Angehörigen. All das wirkt sich negativ auf die Rentenansprüche aus und sorgt dafür, dass 21 Prozent der Frauen ab 65 als armutsgefährdet gelten. Bei Männern derselben Altersgruppe sind es 16 Prozent. 

»Meine Eltern haben nicht mit mir über Geld gesprochen«, erzählt Jara. Mit dem Thema transparent umzugehen hat sie erst in ihrer Beziehung gelernt. Simon Niederdränk hingegen ist in einer Familie groß geworden, in der nie ein Geheimnis um Finanzen gemacht wurde. Im Gegenteil: »Ich saß quasi daneben, wenn meine Eltern ihre Steuererklärung gemacht haben. Vor allem mein Vater hat mir sein Finanzwissen weitergegeben. Davon profitiere ich heute«, so der 27-Jährige. Geld, das am Ende des Monats übrig bleibt, legt er für später an.

Ihr Umgang mit Geld hat sich für Jara und Simon, seit sie Eltern sind, kaum verändert. »Wir verdienen beide gut und können trotz der ungeplanten Schwangerschaft Geld zurücklegen. Das ist natürlich ein Privileg«, so Simon. Das Paar lebt grundsätzlich eher sparsam und überlegt sich größere Ausgaben und Anschaffungen sorgfältig. Lediglich eine Reise nach Japan, die sie sonst zu einem späteren Zeitpunkt unternommen hätten, haben die beiden aufgrund der Schwangerschaft vorgezogen. 

Mehr Kompromiss, weniger Konflikt

Ihr Geld verwalten beide Paare ähnlich. Sowohl Jara Schätz und Simon Niederdränk als auch Ines Imdahl und Jens Lönneker haben jeweils eigene Konten. Für gemeinsame Ausgaben und Aktivitäten wird jeden Monat ein gewisser Betrag auf ein gemeinschaftliches Konto eingezahlt. 

Geld taucht in verschiedenen Studien immer wieder als eines der häufigsten Streit- und Tabuthemen in Beziehungen auf. Wie eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Appinio ergab, ist bei 23 Prozent der Befragten sogar schon einmal eine Partnerschaft an finanziellen Auseinandersetzungen zerbrochen. Die beiden von uns interviewten Paare haben kein Problem mit dem Thema. »Wir setzen uns regelmäßig zusammen, verschaffen uns einen Überblick und sprechen ganz offen über unser Geld«, erzählt Jens. Ähnlich handhaben das auch Jara und Simon. 

»Ines und ich haben sehr ähnliche Interessen und sind uns oft einig, für was wir unser Geld ausgeben«, erzählt Jens. Zum Beispiel hätten sie viele Jahre lang eine Küchenausstattung gehabt, die mit Haushaltsgeräten aus ihrer Studentenzeit zusammengewürfelt war. »Unser Geld haben wir lieber in gemeinsame Reisen investiert«, so Jens. An dieser Einstellung hat sich auch in den vergangenen zwei Jahrzehnten nichts geändert: »Letztes Jahr haben wir uns wieder für einen Urlaub mit unseren vier Kindern entschieden. Dementsprechend ist unsere Küche auch heute noch kein Schmuckstück.«

Text Kyra Wappenschmidt
Fotos Jörn Strojny, Sebastian Arlt

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